Meine kleine Wohnung sah vielleicht aus, es war einfach immer alles grün. Selbst
nach 3 Jahren hab ich noch Pulver auf meinen Hängeschränken in der Küche
gefunden. Und apropos Küche. Ich glaube, ich darf das gar nicht sagen, aber ich
hab in den ersten drei Jahren in meiner kleinen 6qm Küche über 3 Tonnen
Gerstengraspulver alleine abgefüllt, während mein Partner in meinem
Wohnzimmer die ersten Rechnungen geschrieben hat und den Online Shop
erstellt hat.
Auch ne ziemlich coole Geschichte: Mein Partner und ich haben uns zum ersten
Mal nach drei Jahren getraut, Geld von jomu quasi privat zu nutzen und wir sind
auf Firmenkosten zusammen essen gegangen. Wir hatten aber beide Angst, dass
es zu teuer wird und daher hat sich keiner von uns getraut, ein Getränk dazu zu
bestellen und wir haben beide nur einen Salat bestellt.
Einige Zeit danach war mein Partner der erste, der Vollzeit für jomu gearbeitet
hat. Ich hab ihm einen Schlüssel für meine Wohnung gegeben – das Büro und
alles andere war ja in meiner Wohnung. Eines Nachts hab ich irgendein Geräusch
gehört. Ich stand auf und ging ins Wohnzimmer – da saß mein Partner nachts um
3.00 Uhr in meinem Wohnzimmer am Rechner : „Was machst du hier?“ Hab ich
ihn gefragt und er hat nur geantwortet: „Joe, wir müssen noch mehr arbeiten,
damit du bald auch Vollzeit für jomu arbeiten kannst.“
Irgendwann saß ich bei meinem damaligen Arbeitgeber und hatte den Gedanken:
Ich kündige heute. Ich schrieb also kurzer Hand meine Kündigung, als meine
Kollegin ins Büro kam. Sie guckte auf meinen Rechner und sagte nur: „für wen
schreibst du denn eine Kündigung?“. „Für mich“ – antwortete ich. Sie fing an zu
lachen und sagte nur: „du verarscht mich doch. Seit wann weißt du das denn und
warum hast du mir nix gesagt?“ Ich weiß es seit 5 Minuten hab ich geantwortet.
Kurz darauf stand ich auch schon bei meinem Chef und hab gekündigt. Sie hätten
mal das Gesicht meines Partners sehen sollen, als ich es ihm abends gesagt hab,
der hat fast einen Herzinfarkt gekriegt und sagte nur: „Joe, die Kohle reicht doch
niemals für uns beide!“ Ich hab dann nur geantwortet: „keinen Stress, ich hab ja 3
Monate Kündigungsfrist.“
Fragen Sie mich nicht, wie wir das gemacht haben, aber irgendwie hat es
tatsächlich geklappt.
Ein paar Jahre später waren wir dann so weit, dass einige Kunden nicht mehr nur
online bestellten, sondern ihr Gras direkt bei uns abgeholt haben. Es sah schon
komisch aus wenn ich den Kunden dann an der Haustür das Gras gab und dafür
Geld bekam. Irgendwann sagte mein Vermieter scherzhaft: „Roll unser kleiner
Graskönig!“
Und erst als meine Wohnung so voll von Kartons gestellt war, dass ich nur noch
einen 30cm breiten Gang hatte und schon seit Wochen nicht mehr auf meinem
Sofa sitzen konnte, haben wir uns nach etwas größerem umgeschaut und sind in
Bielefeld um die Ecke fündig geworden.
Heute haben wir es geschafft, dass sogar weitere Kollegen von unserer Idee leben
können und was ich besonders toll finde, wir haben auch schon zwei junge
Frauen ausgebildet und sogar übernehmen können.
Tja und wer weiß, wo die Reise noch hinführt. Ich für meinen Teil werde von dem
Pulver nie die Schnauze voll kriegen, selbst wenn ich wieder meine kleine
Wohnung, in der ich heute noch lebe, wieder bis unters Dach mit Gras
vollstopfen muss.
Und um ehrlich zu sein, vermisse ich sogar ein wenig die wilde, total chaotische
Zeit von früher, aber ich freu mich auch riesig auf alles was noch kommt.
Gerstengras macht riesen Spaß.